Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat in einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ klar Stellung bezogen: Ein höheres Renteneintrittsalter ist für ihn unumgänglich. Angesichts der steigenden Lebenserwartung und der alternden Gesellschaft sieht er keine andere Möglichkeit, den Wohlstand in Deutschland langfristig zu sichern. Die Bundesbank rechnet damit, dass in den nächsten zehn bis zwölf Jahren 40 Prozent ihrer Belegschaft in den Ruhestand treten werden.
Demografie und Fachkräftemangel als Treiber
Nagel betont, dass die Anpassung des Renteneintrittsalters notwendig ist, um den Wohlstand zu erhalten: „Das mag politisch unpopulär sein, aber Reformen sind unumgänglich.“ Er verweist auf die demografischen Herausforderungen und den Fachkräftemangel, der bereits jetzt spürbar ist. Gerade in der Bundesbank selbst droht ein signifikanter Verlust an erfahrenen Fachkräften, was die Notwendigkeit von Reformen zusätzlich unterstreicht.
Positive Anreize und gesellschaftliche Herausforderungen
Neben der Anhebung des Rentenalters spricht sich Nagel auch für positive Anreize aus, um Rentnerinnen und Rentner zum Weiterarbeiten zu motivieren. Hierzu seien bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten und attraktive Bedingungen für ausländische Fachkräfte erforderlich. Nagel weist darauf hin, dass vor allem Frauen und ältere Beschäftigte ihre Arbeitszeiten reduzieren, um Familienpflichten nachzukommen. „Wir müssen dafür sorgen, dass alle Menschen, die arbeiten möchten, auch die Möglichkeit dazu haben“, fordert der Bundesbank-Präsident.
Die (positiven) Auswirkungen der Zinspolitik
In Bezug auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bekräftigt Nagel die Richtigkeit der Zinserhöhungen zwischen Juli 2022 und September 2023. Trotz noch immer steigender Preise bei einigen Gütern und Dienstleistungen ist die Inflation im Juni 2024 auf 2,5 Prozent gesunken. Der Wirtschaftsstandort Deutschland könne sich laut Nagel stabilisieren, wenn die strukturellen Probleme beherzt angegangen werden. „Deutschland könnte eine Erfolgsgeschichte werden, wenn die Herausforderungen konsequent angegangen werden“, schließt Nagel optimistisch.
